Verwerfungen der Geschichte

Mit der »historischen Konstruktion«, die sich dem »Gedächtnis der Namenlosen« widmet, verbinden sich bei Walter Benjamin Perspektiven, die in mehrfacher Hinsicht das vertraute Konzept von Geschichte zu durchkreuzen scheinen. So verweist der dabei grundlegende Begriff der Konstellation bzw. der Konstellierung nicht nur auf das Moment des Fragmentarischen, sondern auch auf eine Relationierung von Gegenwart und Vergangenheit, die das historische Kontinuum zugunsten des Ereignisses aufbrechen soll. Gleichzeitig realisiert sich in Namenlosigkeit die Anonymität als Kennzeichen dessen, was Benjamin an einer Stelle die »verrufene Gestallt« der »zerstreuten Masse« nennt. Ähnlich wie bei Siegfried Kracauer wird damit eine Figur, an der sich wie an kaum einer anderen Verwerfungen der Geschichte vollziehen, zur durchaus produktiven Instanz. Die Frage, inwieweit sich an diesem Punkt nicht nur ein etwas anderer Blick auf Geschichte, sondern auch die Möglichkeit widersetzlicher Positionierungen ergibt, soll ein diskurstheoretischer Versuch zur Genealogie der »zerstreuten Masse« nachgehen.